Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler u. a. und der Fraktion BÜNDNIS90/Die Grünen - "Stand der rechtlichen [...] : BT-Drucksache Nr.16/2085 vom 29. Juni 2006 / Bundesministerium des Innern. Berlin : Bundesministerium des Innern, 2006 ; Halle (Saale) : Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, 2006
Inhalt
Vorbemerkung der Bundesregierung
I. Statistische Ausgangslage
1. Welche islamischen Glaubensrichtungen sind in Deutschland vertreten?
a) Wie viele Mitglieder zählen die jeweiligen Richtungen weltweit?
b) Wie viele Mitglieder zählen die jeweiligen Richtungen in Deutschland?
2. In welchen Organisationen, Religionsgemeinschaften und Dachorganisationen organisieren sich die Muslime in Deutschland?
a) Für wie viele Mitglieder können die Organisationen jeweils sprechen?
b) Welche Einflussverhältnisse bestehen zwischen den islamischen Religionsgemeinschaften und Verbänden in Deutschland?
3. Wie viele Muslime gibt es insgesamt in Deutschland?
II. Stand der Gleichstellung des Islam in der Bundesrepublik Deutschland - Religionsausübung
4. Wie viele islamische Gotteshäuser und Moscheen gibt es derzeit in Deutschland?
a) Gibt es statistische Angaben oder Schätzungen über die durchschnittliche Zahl der Besucher islamischer Gottesdienste in Deutschland?
b) In welchen Sprachen wird der islamische Gottesdienst abgehalten?
c) Welche Organisationen sind Träger dieser Gottesdienste?
d) Aus welchen Quellen wird der Moscheebau in Deutschland finanziert?
e) Wie viele liturgisch genutzte Kirchen gibt es in Deutschland? Wie ist die Pro – Kopf – Relation zwischen Anzahl der Gläubigen und Anzahl der Gotteshäuser (Christen, Muslime)?
5. Wie viele islamische Vorbeter gibt es derzeit in Deutschland?
a) Aus welchen Herkunftsländern stammen diese?
b) In welchem Umfang verfügen diese über eine theologische Ausbildung?
c) Aus welchen finanziellen Quellen werden die in Deutschland tätigen islamischen Vorbeter bezahlt?
d) In welchem Umfang und in welchen Grenzen ist der islamische Gebetsruf nach deutschem Recht zulässig?
e) Wie stellt sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Rechtslage und die tatsächliche Praxis in Bezug auf den islamischen Gebetsruf in den europäischen Nachbarstaaten dar?
f) Wie lang sind die durchschnittlichen Verbleibzeiten dieser Vorbeter in Deutschland?
g) Ergeben sich aus dem Grundgesetz (Art. 4 und Art. 140 GG) Bindungen, die im Einzelfall eine Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels für Vorbeter erfordern können?
6. Welche religiösen Feiertage sind für die in Deutschland lebenden islamischen Religionsgemeinschaften von Bedeutung?
a) Inwieweit wird hierauf in den öffentlichen Schulen Rücksicht genommen?
b) Inwieweit wird hierauf in der öffentlichen Verwaltung und in der Bundeswehr Rücksicht genommen?
c) Inwieweit wird hierauf – auch unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen und arbeitsvertraglichen Regelungen – in den Betrieben Rücksicht genommen?
d) Wie stellt sich die Rechtslage und die tatsächliche Praxis in Bezug auf islamische Feiertage in den europäischen Nachbarstaaten und in den Haupt- Herkunftsländern der zugewanderten Muslime dar?
7. Welche besonderen Voraussetzungen sind bei der Beerdigung nach islamischem Ritus zu beachten?
a) Wie viel Prozent der in Deutschland versterbenden Einwohner islamischen Glaubens werden zur Beisetzung in deren frühere Heimatländer übergeführt?
b) Welche friedhofsrechtlichen Bestimmungen stehen einer islamischen Bestattung entgegen?
c) Wie ist die verfassungsrechtliche Werteabwägung zwischen den friedhofsrechtlichen Bestimmungen und dem Grundrecht der Glaubensfreiheit zu lösen?
d) Wie stellt sich die Rechtslage in Bezug auf die Bestattung nach islamischem Ritus in den europäischen Nachbarstaaten dar?
8. In welchen Rechtsformen treten muslimische Gemeinschaften auf der Ebene des Bundes und – nach Kenntnis der Bundesregierung – der Länder dem deutschen Staat gegenüber?
a) Welche muslimischen Organisationen haben die Rechtsfähigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts im Sinne des Artikels 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 4 WRV erworben?
b) Welche islamischen Organisationen sind als Religionsgemeinschaften anerkannt?
c) Welchen islamischen Organisationen sind im Sinne des Artikels 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 5 Satz 2 WRV die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt worden? Bei welchen anderen Religionsgemeinschaften ist diesem Antrag stattgegeben
d) Welche besonderen Hindernisse standen bislang der Verleihung des Körperschaftsstatus bei islamischen Organisationen und Vereinen entgegen?
e) In welchen Fällen sind entsprechende Anträge gestellt worden?
f) Wie ist die Situation im Vergleich mit anderen Religionsgemeinschaften in Deutschland zu beurteilen?
9. Welche Erkenntnisse liegen über eine eventuelle Verflechtung oder Finanzierung in Deutschland tätiger muslimischer Organisationen durch ausländische Organisationen oder Gruppen vor?
a) Welche auswärtigen Staaten beteiligen sich an der finanziellen Unterstützung der muslimischen Organisationen in Deutschland?
b) Welche ausländischen staatlichen Organe und Organisationen üben Einfluss auf muslimische Organisationen in Deutschland aus?
c) Welche nichtstaatlichen ausländischen Organisationen beteiligen sich an der finanziellen Unterstützung der muslimischen Organisationen in Deutschland?
d) Bezüglich welcher in Deutschland ansässigen muslimischen Organisationen ist von einem beherrschenden Einfluss nichtstaatlicher ausländischer Mutterorganisationen auszugehen?
10. Welche Hinweise auf verfassungsfeindliche und antidemokratische Bestrebungen gibt es bei welchen islamistischen oder islamischen Vereinigungen und Verbänden?
11. In welcher Form beteiligen sich die muslimischen Organisationen in Deutschland am interkulturellen und interreligiösen Dialog?
a) Welche in Deutschland aktiven islamischen Organisationen beteiligen sich am interreligiösen Dialog von Christen, Juden und Muslimen?
b) Welche am interreligiösen Dialog beteiligten Organisationen und Vereine fördert die Bundesregierung finanziell? Wie viele davon sind muslimische? Bitte die Namen nennen.
c) Wie hoch ist die Förderung dieses Engagements im Vergleich zu anderen in diesem Bereich tätigen Akteuren (wie z.B. aej, BDKJ, DBJR)? Wie viele Projekte wurden christlichen, jüdischen oder anderen nicht religiös gebundenen Trägern finanziert und wie v
12. Welche Aktivitäten entfaltet die Bundesregierung zur Förderung des Kulturaustauschs mit muslimisch geprägten Ländern?
a) In welchen muslimisch geprägten Ländern existieren Goethe-Institute, und wo sind Schließungen oder Verkleinerungen beabsichtigt?
b) Welche mittelfristige Perspektive ist für die Finanzierung der auswärtigen Kulturprojekte in muslimisch geprägten Ländern vorgesehen?
c) Welche Rolle spielt bei der Förderung auswärtiger Kulturprojekte in islamisch geprägten Ländern der Aspekt der Gleichberechtigung der Frau sowie der Aspekt der freien Entfaltung der Persönlichkeit hinsichtlich Lebensweise und sexueller Identität? Wel
13. In welchem Umfang nehmen an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr Wehrpflichtige und Soldaten muslimischen Glaubens teil?
a) Um wie viele Personen handelt es sich bei den zurückliegenden und gegenwärtigen Auslandseinsätzen der Bundeswehr?
b) Inwiefern berücksichtigt die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen in Bezug auf Verpflegung, Seelsorge und Verwundetenbetreuung Besonderheiten des muslimischen Glaubens?
14. Strebt die Bundesregierung eine allgemeine und verbindliche Institutionalisierung des Islam in Deutschland an? Wenn ja soll diese:
15. Welche religionsverfassungsrechtlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für die Gleichstellung und religionsrechtliche Integration der islamischen Glaubensgemeinschaft in Deutschland?
16. Welche verfassungsrechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten sieht die Bundesregierung und wie sind diese gegebenenfalls zu überwinden?
17. Welche Schwierigkeiten birgt das konfessionell ausgerichtete deutsche Religionsverfassungsrecht für die Anwendbarkeit auf die religiösen Verhältnisse des Islam und wie sind diese Probleme zu lösen?
18. Wie beurteilt die Bundesregierung die religionsverfassungsrechtliche Beziehung zwischen dem islamischen Glaubensbekenntnis und der Frage der Religionszugehörigkeit?
19. Teilt die Bundesregierung das Ziel, dass mindestens eine mögliche rechtlich anerkannte muslimische Repräsentanz möglichst alle in Deutschland vertretenen Strömungen des Islam, also auch die Mehrheit der moderaten Muslime, vertreten und artikulieren
20. In welchen Formen fördert der Staat die islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland?
a) Sind Spenden und Mitgliedsbeiträge an islamische Religionsgemeinschaften steuerrechtlich in vergleichbarer Weise begünstigt wie entsprechende Zahlungen an die christlichen Kirchen?
b) In welchem Umfang werden islamische Religionsgemeinschaften durch steuerfinanzierte Kulturförderung begünstigt? Wie hoch ist diese Förderung bei den christlichen Kirchen?
c) In welchem Umfang werden von islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland in freier Trägerschaft Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten und Schulen betrieben? Wie viele christliche gibt es jeweils?
d) In welchem Umfang werden die von islamischen Religionsgemeinschaften wahrgenommenen karitativen Aufgaben durch staatliche Leistungen unterstützt? Wie hoch fällt diese Unterstützung gegenüber den christlichen Kirchen und Verbänden aus?
21. In welchen Bundesländern findet in Deutschland ein islamischer Religions- unterricht an öffentlichen Schulen statt?
a) Wie viele Kinder aus muslimischen Elternhäusern besuchen derzeit die öffentlichen Schulen in Deutschland?
b) In welchen Bundesländern findet im oder im Zusammenhang mit dem muttersprachlichen Unterricht eine religionskundliche islamische Unterweisung statt, die nicht Religionsunterricht im Sinne des Artikels 7 Abs. 3 GG ist?
c) In welchen Sprachen wird diese religionskundliche islamische Unterweisung erteilt?
d) In welchen Bundesländern liegen Anträge islamischer Religionsgemeinschaften auf Erteilung eines islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach in den öffentlichen Schulen entsprechend Artikel 7 Abs. 3 GG vor?
(1) Einführung von islamischem Religionsunterricht (ohne Aleviten):
(2) Einführung von alevitischem Religionsunterricht:
(3) Keine Antragstellung
e) In welcher Sprache soll der von diesen beantragte Religionsunterricht erteilt werden?
f) In welchen Bundesländern sind entsprechende Modellprojekte in Angriff genommen worden? Wer sind die Partner auf muslimischer Seite?
g) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es mindestens einen islamischen Partner geben sollte, mit dem die Inhalte eines islamischen Religionsunterrichts ausgehandelt werden können?
h) Welches sind die Hauptprobleme, die der Durchführung eines Artikel 7 Abs. 3 GG entsprechenden islamischen Religionsunterrichts entgegenstehen, und welche Anstrengungen werden gegenwärtig unternommen, um diese auszuräumen?
22. Wie viele Lehrstühle für islamische Theologie und Islamkunde gibt es an deutschen Hochschulen?
a) Im Rahmen welcher Studiengänge können Lehrer für islamischen Religionsunterricht an deutschen Hochschulen ausgebildet werden?
b) Welche sonstigen mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungseinrichtungen und Institute beschäftigen sich mit Fragen des Islam in Deutschland?
c) Von welchen Einrichtungen könnten in einer Übergangszeit für einen islamischen Religionsunterricht qualifizierte Pädagogen gewonnen werden?
d) In welchen deutschen Universitäten gibt es Pläne zur Einrichtung oder Erweiterung von Lehrstühlen für islamische Theologie?
e) Gibt es Angebote auswärtiger Staaten oder ausländischer Organisationen zur Kofinanzierung entsprechender Lehrstühle?
f) Welches sind die jeweiligen Partner auf muslimischer Seite bei den Gesprächen über die Ausgestaltung des universitären Lehrbetriebes für Islamische Theologie?
g) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es mindestens einen islamischen Partner geben sollte, mit dem die Inhalte der Studiengänge für Islamische Theologie ausgehandelt werden können?
23. Findet eine nach Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 141 WRV entsprechende Anstaltsseelsorge durch islamische Religionsgemeinschaften in Deutschland statt?
a) Welche Bemühungen sind unternommen worden, um für die Bundeswehrangehörigen muslimischen Glaubens eine der Militärseelsorge durch die christlichen Kirchen entsprechende geistliche Betreuung zu gewährleisten?
b) In welchen Bundesländern gibt es für die im Rahmen der Untersuchungshaft oder des Strafvollzugs in den Justizvollzugsanstalten eine entsprechende seelsorgerische Betreuung für Muslime?
c) In welchen Bundesländern gibt es in Krankenhäusern und Altenheimen eine seelsorgerische Betreuung für Muslime?
24. Wo sind einfachgesetzliche Vorteile an den Status der öffentlich rechtlichen Körperschaft geknüpft und wie sehen diese im a) Steuerrecht b) Baurecht c) Arbeitsrecht aus?
25. Wo sind einfachgesetzliche Vorteile an den Status einer Religionsgemeinschaft geknüpft?
26. Wie viele öffentlich rechtliche Körperschaften gibt es?
27. Wie viele öffentlich rechtliche Körperschaften sind christlich?
28. Wie wird der muslimische Bevölkerungsanteil in Deutschland in den deutschen Medien berücksichtigt?
a) In welchem Umfang werden deutschsprachige Medien von Mitbürgerinnen und Mitbürgern muslimischen Glaubens genutzt?
b) Gibt es deutschsprachige Printmedien, die sich überwiegend an Mitbürgerinnen und Mitbürger muslimischen Glaubens wenden, und in welcher Auflage erscheinen diese?
c) Gibt es im Programmschema der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der privaten Hörfunk- und Fernsehprogramme Sendeplätze, in denen Glaubensinhalte der islamischen Religionsgemeinschaften für ein Publikum in Deutschland vermittelt werden könn
d) Wird der muslimische Bevölkerungsanteil in Deutschland in den Sendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der privaten Rundfunkanbieter berücksichtigt?
e) In welchen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind Vertreter der islamischen Religionsgemeinschaften in den Rundfunkräten vertreten?
29. Inwiefern fördert die Bundesregierung den Erhalt und Ausbau von Schulen mit Internatsbetrieb in islamischer Trägerschaft?
a) Gibt es (ähnlich wie für Schulen in evangelischer und katholischer Trägerschaft) Mittelzuweisungen des Staates?
b) Wie hoch sind die Mittelzuweisungen für christliche und jüdische Schulen?
c) Ist der freie, gleiche und allgemeine Zugang zu diesen Schulen gesichert?
d) Gibt es eine Kontrolle über die Einhaltung der Lehrpläne, bzw. des kulturellen und sozialen Lebens in den Internaten?
e) Welche Konzepte gibt es innerhalb der Bundesregierung, um diese Schulen transparenter und „öffentlicher“ zu machen?
f) Werden bestimmte islamische Konfessionen (z.B. Aleviten) von diesen Schulen ausgeschlossen?
30. Wie nimmt der muslimische Bevölkerungsanteil am kulturellen Leben in Deutschland teil?
a) Gibt es eigenständige muslimische kulturelle Aktivitäten in den unterschiedlichen Bereichen wie Musik, Theater, Literatur usw., oder nehmen Muslime in Deutschland überwiegend am allgemeinen kulturellen Leben in Deutschland teil?
b) Welche eigenständigen kulturellen Aktivitäten der Muslime werden von den Kommunen, den Ländern oder dem Bund gefördert?
III. Modelle in anderen europäischen Staaten
31. Welche religiösen Feiertage sind in anderen europäischen Staaten anerkannt und wie viele davon sind islamische?
32. Welche Modelle für Kooperationen des Staates mit islamischen Religionsgemeinschaften gibt es in: a) Frankreich b) Spanien c) Belgien d) Großbritannien e) Österreich und wie sind diese ausgestaltet? Wie erwirbt man die Mitgliedschaft in diesen?
33. Wie viel Prozent der Muslime werden in Deutschland durch die bestehenden Verbände organisiert und als Mitglieder tatsächlich vertreten?
34. Wie werden die Erfolge und Misserfolge anderer europäischer Staaten in Bezug auf die Integration und rechtliche Gleichstellung des Islam in der Bundesregierung bewertet?
35. Gibt es unter ihnen „best practice“ Beispiele, die von der Bundesregierung favorisiert werden?
36. Ist insbesondere das französische Modell eines gesetzlich eingerichteten Vertretungsgremiums für Muslime, welche auf dem Staatsgebiet wohnhaft sind, denkbar? Welche Schwierigkeiten birgt dieses in sich?